Unangenehmer Bewegungsdrang der Beine (selten auch der Arme), meist in Verbindung mit unangenehmen Missempfindungen der betroffenen Extremitäten, besonders in Ruhesituationen und zumindest zu Beginn der Symptomatik eine Zunahme abends, oder nachts wird als Restless Legs Syndrom (=RLS) bezeichnet.
Bei manchen Patienten stehen die Missempfindungen ganz im Vordergrund, bei manchen der unterdrückte Bewegungsdrang, bei anderen die Bewegungen, die dann ausgeführt werden.
Typisch ist der Bewegungsdrang. Die Art, wie diesem Bewegungsdrang nachgegeben wird, ist individuell unterschiedlich.
Es kann sein, dass der Betroffene, der einzige in der Familie ist, der an diesen Symptomen leidet. In vielen Fällen kommt es aber auch zu einer familiären Häufung. Selten treten die Symptome schon in der Kindheit auf. Oft beginnen sie, besonders bei familiärer Belastung schon vor dem 30. Lebensjahr. Das RLS zeigt einen fluktuierenden Verlauf, allerdings mit einer Tendenz zum Fortschreiten mit dem Lebensalter, so dass bei vielen Patienten zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr der Wunsch nach einer Therapie entsteht.
Die Therapie ist meist gut wirksam, aber nur symptomatisch. Das heißt, der Verlauf der zugrundeliegenden Erkrankung wird dadurch nicht beeinflusst, die Symptome werden aber wirksam bekämpft. Daher muss man nicht behandeln, man kann zuwarten. Viele Menschen, die einen milden Verlauf zeigen, kommen gut damit zurecht und wünschen keine Behandlung. Manche sind aber durch die Störung so beeinträchtigt, dass ein dringender Behandlungsbedarf besteht. Eine medikamentöse Behandlung ist auch gut möglich (siehe unten).
Manche Menschen können die Symptome mittels Allgemeinmaßnahmen beeinflussen. Das sind z.B. Wechselduschen (kalt, warm, oder nur kalt), leichte Bewegung (z.B. Spazierengehen) vor der Ruhephase, Dehnungsübungen, der Verzicht auf Koffein und Alkohol. Letztlich sind das Möglichkeiten, ob sie individuell die gewünschte Wirkung zeigen, muss ausprobiert werden.
Mit Diagnostik meint man die Untersuchungen, die durchgeführt werden, um zu einer zutreffenden Diagnose zu kommen. Diese Diagnose ist die Grundlage für das weitere Vorgehen.
Die Diagnose eines RLS wird aus der Anamnese (Erhebung der Vorgeschichte und der Symptomatik) gestellt.
• Bewegungsdrang der Beine (ggf. auch der Arme), meist in Verbindung mit unangenehmen Missempfindungen der betroffenen Extremitäten.
• Auftreten bzw. Verstärkung dieser Beschwerden in Ruhesituationen
• Besserung bzw. Beseitigung der Beschwerden durch Bewegung
• Zunahme der Beschwerden abds. oder nachts
• Unterstützende Kriterien
o Ansprechen auf L-Dopa
o Positive Familienanamnese
o PLM (periodic limb movement)
Wenn sich aus der Anamnese ein Restless Legs Synrdom als Diagnose ergibt, sind mögliche Ursachen und Begleiterkrankungen zu untersuchen.
Eine Bedeutung kann auch dauernde Medikamenteneinnahme haben.
Der neurologische Status schließt das Vorliegen von anderen neurologischen Erkrankungen aus, die gehäuft mit einem RLS einhergehen. Das sind vor allem Polyneuropathien, aber auch die Parkinsonerkrankung.
In der Laboruntersuchung stehen Hinweise auf eine Nierenerkrankung, einen Eisenmangel, die Schilddrüsenfunktion oder Ursachen für eine ggf. vorliegende Polyneuropathie im Fokus.
Man weiß nämlich, dass das RLS gehäuft bei Polyneuropathien und Nierenerkrankungen vorkommen.
Außerdem besteht ein Zusammenhang mit dem Eisenstoffwechsel. Wie dieser Zusammenhang genau ist, ist nicht bekannt, ein Eisenmangel begünstigt jedenfalls das Auftreten eines RLS und soll auch therapeutisch beachtet werden.
Bei unbehandelten Patienten kann bei Einsetzen der Beschwerden eine Dosis von 100 mg L-Dopa gegeben werden. Eine deutliche Besserung unterstützt die Diagnose. Eine fehlende Wirksamkeit schließt aber die Diagnose nicht aus.
Ein Eisenmangel spielt eine wichtige Rolle beim RLS. Besteht eine auch nur geringe Eisenunterversorgung, kann durch eine Eisenzufuhr oft eine Besserung erreicht werden.
Bereits bei Ferritinkonzentrationen unter 75 mcg/l und einer Transferrinsättigung unter 45% soll ein Eisenersatz mittels eines oralen Eisenpräparats erfolgen. Bei nichtansprechen innerhalb von 6 Wochen soll die intravenöse Gabe erwogen werden.
Bei einem Ferritinwert von über 100 mcg/l ist kein Nutzen einer zusätzlichen Eisengabe zu erwarten.
Diese Medikamentengruppe ist gut bei RLS wirksam und hat nur ein minimales Risiko der Augmentation. Bei häufiger, oder täglicher Behandlunsnotwendigkeit sind die Gabapentinoide die Medikamente der ersten Wahl.
Die Einmalgabe von bis zu 3400 mg Gabapentin abends ist möglich. Begonnen wird mit 100 bis 300 mg. Danach wird gesteigert, bis eine ausreichende Wirksamkeit gegeben ist. Meist sind Dosierungen unter 1200 mg Gabapentin abends ausreichend.
Bei Pregabalin beginnt man mit 50-75 mg abends. Dosissteigerungen erfolgen meist auf 150 bis 300 mg Pregabelin einmal abends.
Sollten Beschwerden auch tagsüber bestehen, kann die Dosis auch über den Tag verteilt werden.
Besonders gut wirksam gegen die Symptome des Restless Legs Syndroms ist L-Dopa. Der Einsatz ist besonders dann sinnvoll, wenn bis zu einmal wöchentlich Symptome auftreten und dann behandelt werden sollen.
Bei einer häufigeren Anwendung besteht aber die Gefahr, dass sich die Symptome, nach anfänglicher Wirksamkeit sogar verschlimmern. Eine Verschlimmerung in diesem Sinne besteht in einem früheren Auftreten der Symptome im Tagesverlauf und einer Ausbreitung auf andere Körperregionen. Dieses Phänomen heißt „Augmentation“.
Dopaminagonisten sind ebenfalls gut gegen die Symptome des RLS wirksam. Allerdings kann es insbesondere in höheren Dosierungen in selteneren Fällen auch zur Augmentation (=Verschlechterung der Symptome) führen. Daher sollen sie nur niedrig dosiert zur Anwendung kommen.
Zur Verfügung stehen Pramipexol (Sifrol(R)) als Tabletten und Rotigotin (Neupro(R)) als Pflaster.
Bei Pramipexol beginnt man mit 0,18 mg zwei Stunden vor Symptombeginn und steigert bei Bedarf bis 0,54 mg (oder 0,52 mg retard).
Die Startdosis von Rotigotin liegt bei 1 mg/24 Stunden und kann bis 3 mg/24 Stunden gesteigert werden. Es eignet sich besonders, wenn auch tagsüber Symptome vorliegen, da eine kontinuierliche Wirkstoffabgabe erfolgt.
Oxycodon zeigt eine gute Wirkung gegen Symptome eines RLS und ist eine Behandlungsmöglichkeit, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirksam waren. Gewisse Vorbehalte gegen die Verschreibung sind gerechtfertigt. Selten kommt es zur Entwicklung einer Abhängigkeit, oder zu missbräuchlicher Anwendung, oder Weitergabe des Medikamentes. Um Zeichen einer solchen Entwicklung zu erkennen, ist ein guter regelmäßiger Kontakt zwischen Arzt und Patient besonders wichtig.
Diese typischen sehr gut wirksamen Schlafmedikamente (Hypnotika) stellen bei Schlafstörungen immer eine Alternative dar. Nebenwirkungen und ein gewisses Abhängigkeitsrisiko sind in Betracht zu ziehen.