Als Meningitis oder Hirnhautentzündung wird eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute bezeichnet. Im Allgemeinen denkt man bei einer Meningitis an eine Infektion. Nicht infektiöse Formen kommen vor, sind aber nicht Thema dieses Beitrags.
Die Meningitis ist eine seltene Erkrankung.
Als Erreger kommen Bakterien (Meningokokken, Pneumokokken, Listerien, Haemophilus influenzae, Tuberculosebakterien und andere), Viren (verursachen häufiger zusätzlich eine Encephalitis, also dann eine Meningoencephalitis), in seltensten Fällen auch andere Mikroorganismen in Frage.
Eine Meningitis ist meist eine sehr schwere Erkrankung und die Diagnose immer auch an eine Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit gebunden.
Da also Diagnostik und Therapie im Krankenhaus erfolgen, spielt die akute Erkrankung in der Praxis des niedergelassenen Neurologen keine wesentliche Rolle.
Trotzdem ist die Meningitis mit all ihren Folgen und der Möglichkeit der Vorbeugung eine neurologische Erkrankung, die in der Praxis des niedergelassenen Arztes nicht unwesentlich ist.
Im niedergelassenen Bereich erfolgt die Vorbeugung mittels Impfung. Die Impfung ist möglich gegen Meningokokken, Pneumokokken und Haemophilus influenzae, als wesentliche Erreger der bakteriellen Meningitis.
Bei Listerien ist die Lebensmittelhygiene von besonderer Bedeutung.
Die Tuberkulöse Meningitis hat vor allem historische Bedeutung.
Außerdem sind weitere Fragen der Vorbeugung und Besonderheiten der einzelnen Erreger von Interesse.
Letztlich kann es in seltenen Fällen zur Frage der Abgrenzung von anderen Erkrankungen kommen.
Ich denke dabei beispielsweise an einen jungen Mann, den ich bei einer hoch fieberhaft akut aufgetretenen Erkrankung, mit sehr starken Kopfschmerzen und hohem subjektiven Leidensdruck vorsichtshalber mit der Rettung ins Spital geschickt habe. Mein Hintergedanke war „ich glaub es zwar nicht, aber der Teufel schläft nicht, was ist, wenn es eine Meningitis ist?“. Es war eine Influenza.
Lieber so, als der umgekehrte Fall. Ein Kollege im Ärztefunkdienst wird zu einem fiebernden Säugling gerufen. Anscheinend ein respiratorischer Infekt, ohne Alarmzeichen. Ein fiebersenkender Saft war vor Ort. Besserung wird erwartet, eine neuerliche Visite im Fall der Verschlechterung angeboten. Die Besserung bleibt aus, es kommt sogar zur Verschlechterung. Die besorgten Eltern rufen noch einmal den Ärztefunkdienst an. Eine neuerliche Visite wird vereinbart. Ein Arzt war ja schon dort, ein paar Stunden würde es vermutlich dauern. Weitere Verschlechterung, das Kind ist nicht mehr kontaktierbar. Die nun schon panischen Eltern rufen noch einmal an. Im Zweifelsfall wird gleich die Rettung geschickt, eine Spitalseinweisung dürfte doch sinnvoller sein. Das Kind stirbt am Weg ins Krankenhaus an einer Meningitis. Vielleicht hätte die Intuition zufällig demjenigen am Telefon sagen können, gleich beim zweiten Anruf der Eltern die Rettung zu schicken. Aber eigentlich hat niemand etwas falsch gemacht. Außerdem wäre der Verlauf nicht sicher günstiger gewesen, wenn die Rettung z.B. eine Stunde früher vor Ort gewesen wäre.
Bei Erwachsenen lenken starke Kopfschmerzen in Kombination mit einer schweren fieberhaften Erkrankung mit Reduktion des Allgemeinzustandes den Gedanken in Richtung einer Meningitis.
Insgesamt ist jegliche Meningitis eine seltene Erkrankung. Bei Kopfschmerzen ohne sonstige Symptome, oder bei Kopfschmerzen im Rahmen eines banalen fieberhaften Infektes, oder z.B. der Influenza wird es sich meist nicht um eine Meningitis handeln.
Gerade die bakterielle Meningitis kann sich allerdings so schnell entwickeln, dass innerhalb von wenigen Stunden nach dem Auftreten eines scheinbaren grippalen Infektes das bedrohliche Vollbild entsteht. Im Stadium des Erscheinungsbildes eines grippalen Infektes ist eine Unterscheidung aber noch nicht möglich.
Es kann schicksalhaft sein, dass ein Patient einen Arzt aufsucht, dieser einen „grippalen Infekt“ diagnostiziert und nach wenigen Stunden ein bedrohlicher Zustand eintritt. Selbst unter Anwendung aller gebotenen Vorsicht ist diese Fehleinschätzung möglich, ja sogar wahrscheinlich.
Ein erster Häufigkeitsgipfel der Erkrankung liegt bereits im Säuglingsalter (Meningokokken, Pneumokokken und Haemophilus influenzae). Danach kommt ein Häufigkeitsgipfel bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Meningokokken). Bei allen anderen Altersgruppen kommt die Meningitis auch vor.
Wenn nun also durch starke Kopfschmerzen in Verbindung mit einer schweren fieberhaften Erkrankung und gegebenenfalls Bewusstseinstrübung der Verdacht auf eine Meningitis gelenkt ist, erfolgt die Prüfung des Meningismus.
Zunächst erfolgt der Griff zum Hinterkopf des Patienten und es wird versucht, den Kopf passiv vorzubeugen (Kinn Richtung Brustbein). Als „meningeal“ wird eine Steifigkeit gegenüber diesem Manöver bezeichnet. Diese ist sehr charakteristisch und nicht mit orthopädischen Problemen der Halswirbelsäule zu verwechseln. Meist ist diese Steifigkeit sehr ausgeprägt und betrifft den Rücken mit, so dass der Patient wie ein Brett am Hinterkopf hochgehoben werden kann. Eventuell werden reflektorisch, um eine Entlastung der Hirn- und Rückenmarkshäute zu erreichen, dabei die Beine angezogen (Brudzinski-Zeichen).
Die geschilderte Symptomatik ist bei der bakteriellen Meningitis ab dem späteren Kindheitsalter bis hin zu sonst gesunden Erwachsenen sehr charakteristisch. Bei Säuglingen und Kleinkindern, bei denen ja ein erster Häufigkeitsgipfel liegt, können diese Zeichen völlig fehlen. Ebenso können sie bei vorher schon geschwächten z.B. sehr alten Menschen gering und uncharakteristisch ausgeprägt sein.
Der schwer kranke Patient wird immer völlig entkleidet untersucht. Bereits zum Zeitpunkt des ersten konkreten Verdachtes können kleine, anfangs oft Stecknadelkopfgroße Hautblutungen (=Petechien) sichtbar sein, die stark auf Meningokokken als Ursache der Meningitis hinweisen.
Eine allgemeinmedizinische Untersuchung des schwer kranken Patienten versteht sich von selbst. Dabei wird auch auf mögliche Eintrittspforten für den Erreger geachtet. Während die Meningokokken „irgendwie“ aus dem Nasenrachenraum in das Zentralnervensystem gelangen und Listerien über die Nahrung aufgenommen werden, können besonders Meningitiden durch Pneumokokken aus Infektionen des HNO-Bereiches, oder evtl. von einer Lungenentzündung ihren Ausgang nehmen. Andere Erreger können von einer Endocarditis (Herzinnenhaut und Herzklappenentzündung) ihren Ausgang nehmen, werden dann aber meist auch Hirnabszesse, nicht nur eine Meningitis hervorrufen. Das weiß man aber eventuell erst später, nicht zum Zeitpunkt der Untersuchung.
Eine breite Diagnostik ist bei einer so schweren und lebensbedrohlichen Erkrankung angezeigt und soll hier nicht ausgeführt werden.
Akut wird eine Computertomographie durchgeführt. Neben Hinweisen auf eine zusätzliche Schädigung im ZNS, geht es dabei in erster Linie darum, einen Hirndruck auszuschließen. Ein Hirndruck wäre eine Kontraindikation für die nun notwendige Liquorpunktion.
Spezifisch für die Meningitis werden das Blut und der Liquor zerebrospinalis (Hirn-, Rückenmarksflüssigkeit)untersucht. Dabei werden allgemein Hinweise auf die Entzündungsreaktion und speziell der Erreger gesucht. Abstriche des Nasen-Rachenraumes sollten ebenfalls gemacht werden, da diese, wenn der Erregernachweis im Liquor und im Blut nicht gelingt, hilfreich sein können.
Da es sich bei der Meningitis um eine manchmal extrem rasch verlaufende, lebensbedrohliche Erkrankung handelt, muss schon vor Abschluss der Diagnostik behandelt werden. Bei ganz kurzen Transportwegen beginnt die Behandlung meist sofort nach Eintreffen im Spital. Bei längeren Transportwegen ist es sinnvoll eine antibiotische Behandlung schon präklinisch in die Wege zu leiten.
Da man zu Beginn des Verdachtes zwar mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dass es sich um eine Meningits handelt, aber den Erreger noch nicht kennt, beginnt man mit einer breiten Therapie. Diese beinhaltet vor allem ein Cephalosporin der 3. Generation (Ceftriaxon (Rocephin(R)), das gut liquorgängig ist und auch die gramnegativen Meningokokken angreift. Wegen guter Wirksamkeit gegen Listerien wird Ampicillin zusätzlich gegeben und weil es ja auch Herpesviren sein könnten Aciclovir. Weil Kortison bei der bakteriellen Meningitis (besonders durch Pneumokokken) die Sterblichkeit verringert, wird auch dieses gleich verabreicht.
Natürlich machen Herpesviren eine Encephalitis und keine reine Meningitis. Zum Zeitpunkt des Therapiebeginns ist aber eher bekannt „schwere Infektion, vermutlich des Gehirns und/oder der Hirnhäute“. Man verlässt sich also nicht drauf, dass es „eher eine reine Meningitis“ und „eher nicht eine Herpesencephalitis“ sein wird.
Wenn dann die Ergebnisse der genauen Bestimmung des Erregers vorliegen, wird die Therapie genau an diesen angepasst. In der Regel werden also Medikamente reduziert.
Genau so wichtig wie die gegen den Erreger gerichtete Therapie sind lebenserhaltende meist intensivmedizinische Maßnahmen.
Wie schon erwähnt ist die Meningits grundsätzlich eine sehr schwere Erkrankung. Die genannten Zahlen beziehen sich auf die Meningokokkenmeningitis und erheben nicht den Anspruch auf völlige Aktualität, sondern sollen beispielhaft eine Vorstellung von der schwere der Erkrankung geben.
In Österreich kommt es jährlich ungefähr zu 40 Meningokokkenerkrankungen. (443 gemeldete Fälle von 2010 bis 220). Die Letalität (Sterblichkeit) beträgt in Österreich 12%. Ohne adäquate medizinische Behandlung steigt die Sterblichkeit auf 60 bis 80% an.
Wird die Meningokokkenmeningitis überlebt bleiben in 20% Schmerzen zurück, in 13% kommt es zu großflächigen Vernarbungen, in 3% der Fälle mit Sepsis zu Autoamputationen, in 7% zu neurologischen Störungen und in 3% zu Hörverlust.
Gegen die am häufigsten eine bakterielle Meningitis (Meningokokken, Haemophilus influenzae, Pneumokokken) hervorrufenden Erreger stehen Impfungen zur Verfügung. Diese haben die Häufigkeit des Vorkommens der Infektion insgesamt verringert und ganz sicher individuell zahlreiche Erkrankungs- und Todesfälle verhindert.
Gegen Listerien ist die Lebensmittelhygiene in lebensmittelverarbeitenden Betrieben essenziell.