Bei exzessiver Tagesschläfrigkeit, also oft unbezwingbarer Müdigkeit und Einschlafneigung ist als Ursache auch an eine Narkolepsie zu denken. Diese ist sicherlich selten, aber möglicherweise auch unterdiagnostiziert.
Das Leitsymptom der Narkolepsie ist exzessive Tagesschläfrigkeit verbunden mit fragmentiertem und gestörtem Nachtschlaf, Schlaflähmungen und Halluzinationen beim Einschlafen, oder Aufwachen.
Je nach Vorliegen eines zusätzlichen Symptoms, der „Kataplexie“ wird eine Narkolepsie Typ 1 (klassische Narkolepsie mit Kataplexie) von einer Narkolepsie Typ 2 (Narkolepsie ohne Kataplexie) unterschieden. Die Narkolepsie Typ 2 kann im Verlauf in eine Narkolepsie Typ 1 übergehen. Das heißt, die Kataplexie kann mit der Zeit dazu kommen.
Die Narkolepsie tritt meist vor dem 40. Lebensjahr auf. Ein späteres Auftreten ist aber möglich.
Es handelt sich um eine chronische, nicht heilbare Erkrankung, deren Symptome aber behandelt und gebessert werden können.
Der Grund der Narkolepsie ist eine Störung im sogenannten „Hypothalamus“, der im Zwischenhirn liegt. Dabei gehen Nervenzellen, die Hypokretin (=Orexin) produzieren zugrunde. Die genauen Ursachen für die Störung sind nicht bekannt. Man geht von Autoimmunprozessen vor einem genetischen Hintergrund aus.
Man ist entweder ständig müde, oder es treten Einschlafattacken auf, die so übermächtig sind, dass man sich dagegen kaum wehren kann. Diese treten in leichteren Fällen eher in monotonen Situationen, oder nach dem Essen auf, können aber auch davon unabhängig vorkommen und dann auch eine Gefahr, etwa beim Autofahren darstellen. Wenn man die Möglichkeit für einen kurzen Schlaf (15 bis 30 Minuten) hat, kann man danach wieder für einige Stunden frisch und munter sein.
Menschen mit Narkolepsie wachen nachts wiederholt abrupt auf und sind dann (meist nur kurz)hellwach, bevor sie wieder weiterschlafen.
Beim Aufwachen, oder auch beim Einschlafen kann die Person für einige Sekunden, oder Minuten bei erhaltenem Wachbewusstsein, oder in einem traumähnlichen Zustand bewegungsunfähig sein. Dieser Zustand kann als äußerst beängstigend erlebt werden.
Dabei handelt es sich um Sinnestäuschungen, die beim Einschlafen (hypnagog) oder beim Aufwachen (hypnopomp) auftreten. Es können sehr real anmutende Dinge gesehen oder gehört, eventuell auch gespürt werden, die nicht der Realität entsprechen.
Auch als affektiver Tonusverlust wird ein Spannungsverlust in bestimmten Muskelgruppen bei intensiven Affekten (Lachen, Freude, Ärger, Angst, Überraschung) bezeichnet. Diese Kataplexie kann wenige Sekunden bis zu 2 Minuten andauern. Das Bewusstsein ist immer voll erhalten.
Dieser Tonusverlust kann ein Erschlaffen der Gesichtsmuskulatur bewirken und dann auch ein verwaschenes, undeutliches Sprechen zur Folge haben. Oder es betrifft die Arm-, oder Beinmuskulatur, was dazu führen kann, dass Gegenstände aus der Hand fallen, oder die Knie einsinken, oder die betroffene Person zu Sturz kommt.
Diese Kataplexie ist sehr hinweisend auf eine Narkolepsie, aber nicht jeder Narkolepsiepatient leidet auch an Kataplexie.
Einige Erkrankungen kommen bei Narkolepsie gehäuft vor. Diese sind bei Diagnostik und Therapie mit zu berücksichtigen.
Mit „Diagnostik“ meint man die Untersuchungen, die zu der Diagnose führen.
Diese werden direkt bei mir in der Ordination durchgeführt.
Der wichtigste erste Schritt in der Diagnostik der Narkolepsie besteht darin, die Symptomatik soweit zu erfragen und zu präzisieren, dass die Verdachtsdiagnose „Narkolepsie“ gestellt werden kann.
Ebenso wird das Ausmaß der Beeinträchtigung abgeschätzt und Begleiterkrankungen identifiziert.
Schlaftagebücher und Fragebögen können das ärztliche Gespräch unterstützen.
In der allgemeinmedizinischen und neurologischen Untersuchung wird ein Normalbefund erwartet. Bei Abweichungen werden die Ursachen gesucht. Wie bei allen Schlafstörungen erfolgen auch eine Blutabnahme und eine EKG-Untersuchung.
Diese werden in einem Schlaflabor durchgeführt.
Diese Untersuchung ist jedenfalls zur Diagnosestellung nötig.
Im Abstand von jeweils zwei Stunden legt sich der Patient für 20 Minuten ins Bett und darf einschlafen. Dabei wird ein EEG (Elektroenzephalogramm) abgeleitet. Beurteilt werden die Dauer bis zum Einschlafen und vor allem das EEG. Dabei ist der Beginn des Schlafes mit einer REM-Phase (statt mit Schlafphase I-IV) typisch für die Narkolepsie. Wenn mindestens zweimal bei 5 Versuchen dieser SOREM (sleep onset REM) auftritt, spricht das für das Vorliegen einer Narkolepsie.
In der Polysomnographie werden verschiedene relevante Parameter (EEG, EMG, EOG, EKG usw.) während einer Nacht aufgezeichnet und gleichzeitig ein Video von der schlafenden Person gemacht um weitere Aussagen über den Nachtschlaf zu erhalten und vor allem zusätzliche Schlafstörungen auszuschließen.
Diese Untersuchung kann durchgeführt werden. Sie ist aber zur primären Diagnosestellung (Narkolepsie ja, oder nein) nicht nötig und kann natürlich vom Patienten abgelehnt werden.
In einem Kreuzstich kann Liquor cerebrospinalis „Nervenwasser“ entnommen und untersucht werden. Für die Diagnostik der Narkolepsie ist dabei vor allem der Gehalt an „Hypokretin“ („Orexin“) wesentlich.
Der Umgang mit Narkolepsie besteht in einer Kombination von nicht-medikamentösen und medikamentösen Maßnahmen und ist durch die Tatsache, dass es sich um eine chronische Störung handelt bestimmt.
Zunächst ist die Akzeptanz der Störung an sich wesentlich. Erfolgreich sind nämlich nur Maßnahmen, die auf eine möglichst geringe Beeinträchtigung und Leben mit der Störung abzielen.
Einige Tipps:
Bei langdauernder relevanter Beeinträchtigung kann eine medikamentöse Unterstützung sinnvoll sein.
Der fragmentierte Nachtschlaf könnte in guter Absicht zu der Idee führen Schlafmittel z.B. die an sich sehr gut wirksamen Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika (sog.: Z-Substanzen) zu verwenden. Davon wird bei der Narkolepsie dezidiert abgeraten.
Gegen die Tagesschläfrigkeit werden Modafinil und das Stimulans Methylphenidat eingesetzt.
Gegen Kataplexie, Schlaflähmungen und hypnagoge Halluzinationen können verschiedene Antidepressiva wirksam sein.
Natrium-Oxybutat kann ebenfalls gegen den fragmentierten Nachtschlaf, Kataplexie, Halluzinationen und Schlafparalyse versucht werden.