Der April 2020 steht unter dem Zeichen ungewöhnlicher Trockenheit. Eigentlich wollte ich seit Ende März erst wieder in den Wald gehen, wenn es ausreichend geregnet hat. Da wäre ich aber im April überhaupt nicht in den Wald gekommen.
Heute, als ich meine Begegnungen zusammenfasse, am 3. Mai 2020 schaue ich zurück auf mehrere Wochen Trockenheit, eigentlich Dürre. Es ist wirklich traurig. Erst in der Nacht auf den 1. Mai hat es unergibig geregnet und erst in der Nacht von 1. auf 2. Mai hat es einigermaßen ausreichend geregnet. Aber im Frühling sollte es viel regnen, damit der Boden feucht und genug Reserven für die Bildung pflanzlicher Substanz vorhanden ist.
Im Garten wurde ich bisher immer wieder beruhigt, wenn ich irgend etwas graben musste. Unser lehmiger Boden war meist einigermaßen feucht. So dass ich mir dachte, vielleicht ist es doch nicht ganz so schlimm, wie ich es empfinde. Aber zuletzt gab es kein Fleckchen im Garten und keine Tiefe, in der es auch nur einigermaßen feucht war. Selbst der relativ ausgibige Regen von vorgestern Nacht, der immerhin unsesere Regenfässer gefüllt hat, hat den Boden nur ganz oberflächlich befeuchtet. Der Wind und die Sonne von gestern haben ihn wieder ausgerocknet.
Aber genug gejammert. Es ist doch ein Wunder, wenn man trotz der Trockenheit in die Natur geht, was man dort alles finden kann.
Die Lebenskraft („vis vitalis“) die in den alten medizinischen Traditionen einen wichtigen Stellenwert einnimmt, hat den Wald in diesem Monat trotz widriger Umstäde grün und saftig werden lassen. So empfinde ich es, bei der Naturbeobachtung und lege mich dabei nicht auf eine naturwissenschaftliche Bedeutung des Begriffs „vis vitalis“ fest.
Wieder finden meine Spaziergänge in dem Gebiet um die Windischhütte und den Haselbach statt. Einmal wollte ich in die Hagenbachklamm, die war aber leider wegen der Coronapandemie gesperrt.
Früh fiel mir Lamium maculatum auf dem Waldboden auf.
Wir sehen auf den oberen Bildern die typischen Merkmale der Lippenblüter: Typische Lippenblüte, vierkantiger Stängel, kreuzgegenständige Blätter.
Lassen Sie sich nicht dadurch verwirren, dass die Exemplare nicht ganz gleich aussehen. Die Blütenfarbe und Größe ist jeweils etwas unterschiedlich. Es handelt sich um zwei am selben Tag an unterschiedlichen Standorten fotografierte Exemplare.
Nach kurzem Spaziergang fiel mir Lamium galeobdolon die gewöhnliche Goldnessel auf.
Als weiterer Lippenblütler (Lamiaceae) blüht Ajuga reptans (kriechender Günsel) in unserer Gegend ab dem April.
Er zeigt, wie alle Lamiaceae die typischen Lippenblüten, die kreuzgegenständige Beblätterung und den vierkantigen Stänge. Allerdings ist die Oberlippe sehr klein. Ich hab mich immer gefragt, warum er „kriechender“ Günsel heißt, obwohl der Stängel ziemlich gerade in die Höhe steht. Der Grund ist, dass er, wie viele Lippenblütler durch lange „kriechende“ Ausläufer Bestände bildet.
Nach kurzem Weg durch den Wald traf ich beim „roten Kreuz“ (in der Gegend gibt es noch ein zweites) einen Kreuzblütler (Brassicaceae), den ich hier bisher noch nicht blühend beachtet hatte. Ich hatte nur vor zwei Jahren einige Meter entfernt ein Exemplar im Herbst mit den namensgebenden silbirg durchscheinenden Schötchen der Gartenmondviole, oder Silberblatt gesehen. Jetzt sah ich sie herrlich violett blühen.
Die typischen Kennzeichen der Kreuzblütler sind die vier ungefähr kreuzförmig angeordneten Kronblätter (Petalen), zwei Kreise von Staubblättern (Stamina), Schoten oder Schötchen als Früchte und wechselständige Blätter.
Die Kreise der Staubblätter waren ursprünglich vierzählig. Im äußeren Kreis sind aber zwei zurückgeblidet, so dass nur zwei, insgesamt also sechs Staubblätter übrig bleiben. Da die äußeren beiden außerdem kürzer sind, als die inneren, sind oft nur vier auffällig.
Die Schoten sind unabhängig von der Größe mehr als dreimal so lang, wie breit. Schötchen sind weniger als dreimal so lang, wie breit. Dafür ist Lunaria annua ein gutes Beispiel. Die Schötchen heißen Schötchen, weil sie nicht mehr als dreimal so lang wie breit sind, obwohl sie recht groß sind.
Nachdem ich die Wiese südwestlich der Windischhütte überquert hatte, kam ich wieder in den inzwischen üppig belaubten Wald und bald zu einem Bestand an Allium ursinum (Bärlauch).
Ich nehme das fleckige, teilweise scheinbar überbelichtete Bild des Bestandes absichtlich. Es zeigt die übermütig wechselnden Lichtflecken im lichten Frühlingswald, der den Lebensraum für diese wunderschöne Pflanze bildet.
Als nächstes widme ich mit einer Art der Familie der Mohngewächse. Ich treffe auf das häufige und in der Heilkunde ebenso viel verwendete, wie umstrittene Schöllkraut (Chelidonium maius).
Der gelbe Milchsaft, wie auch die gelappten Blätter prädestinieren es nach der Signaturenlehre als Leberheilmittel.
Weiters ist das Schöllkraut als Warzenkraut bekannt. Der gelbe Milchsaft kann als Warzentinktur verwendet werden.
Für die Wirksamkeit in diesen Anwendungsgebieten gibt es Belege. Allerdings wurden im Laufe der Zeit Hinweise auf hepatotoxische (leberschädigende) Wirkungen bekannt, so dass eine Anwendung allenfalls in zugelassenen Arzneimitteln für kurze Zeit in Frage kommt.
In der Pharmacopoea Austriaca 1812 kann ich es nicht finden.
Meine Beobachtungen im April beende ich an dieser Stelle.
Jedes Jahr nehme ich mir im Vorfrühling vor, jedes Monat zumindest „alle neuen Kräuter“ genau zu beachten. Leider bleibt mir nicht so viel Zeit, so dass ich immer wieder auf eine willkürliche Auswahl angewiesen bin.